Wie läuft es auf der Rennstrecke eigentlich ab?
Darf jeder drauf oder muss man ein gewisses Fahrkönnen oder Fahrpraxis nachweisen? Bin ich gut genug für die Renne? Was ist zu beachten oder ist dort alles erlaubt?
Jetzt erstmal eins nach dem anderen. Wie kommt man auf eine Rennstrecke?

Auf manchen Rennstrecken (teilweise im Ausland) reicht es eine 30 minütige Schulung zu machen um auf den Kurs zu dürfen. Aber ist man dadurch dann auch bereit dafür?



Wenn man sich das Richtige ausgesucht hat, kann man noch eine Startnummer wählen und evtl. noch verschiedene Zusatz-versicherungen buchen. Ob man eine zusätzliche Rennstreckenversicherung braucht oder eine Rücktrittsversicherung muss jeder selber wissen. Aber da es hier ja um ein Getting Startet geht sollte die normale Haftpflicht reichen, die man für sein Motorrad ja eh hat (außer man geht gleich mit nem Rennmotorrad an den Start, was aber wohl die wenigsten machen). Bei der Veranstaltung handelt es sich ja nicht um ein Rennen, bei dem die Erlangung der Höchstgeschwindigkeit im Vordergrund steht, also sollte diese im Notfall greifen. Gewähr übernehm ich aber nicht dafür, also lieber mal bei der eigenen Versicherung nachfragen…

Mit welcher Maschine man das Training absolvieren will und welche Rundenzeit man auf welcher Rennstrecke gefahren ist kann man im Anmeldeformular angeben. Die Rundenzeit kann man im Normalfall nicht ausfüllen wenn man ein Getting Started buchen möchte, da man ja noch nicht auf der Renne war. Es ist auch nur für die Sportfahrertrainings (freies Fahren) gedacht damit man in die richtige Gruppe eingeteilt werden kann (mittel, schnell, sehr schnell). Einen Transponder kann man auch anmieten, davon rate ich aber ab, da es absolute Geldverschwendung beim Getting Startet ist. Man darf ja nicht frei auf der Strecke fahren also zählt die Zeit nichts…


Motorrad Renntrainings: Perfekt vorbereitet auf Rennstrecken fahren*
- Wimme, Günter (Autor)
Letzte Aktualisierung am 21.03.2022 / *Affiliate Links / Bilder von der Amazon Product Advertising API
It`s getting started…

Gut, der Tag für das Training war gekommen. Ab 8 Uhr konnte man sich in der Box anmelden. Man musste einen Haftungsausschluss unterschreiben und auch angeben wer im Notfall informiert werden soll. Ab 9 Uhr trafen sich alle Getting-Startet-Neulinge in einem Saal für die halb-stündige-Theorieeinheit. Während dessen ging es draußen auf dem Rundkurs schon voll zur Sache. Es war ja außer dem Getting Startet noch das Sportfahrertraining vor Ort.


Im Saal saßen die verschiedensten Typen. Der Großteil war zwar männlich und zwischen 20 und 35, es waren aber auch viele Frauen und sogar Senioren da. Kaum zu glauben dass man im gehobenen Alter noch anfangt auf der Renne zu fahren, ich find das aber wirklich klasse!!! So gemischt wie die Teilnehmer, waren auch ihre Motorräder. Supersportler ob neu oder alt, Supermotos, reine Rennmaschinen ohne Straßenzulassung, Naked Bikes…

Uns wurde der grobe Tagesablauf erklärt und klar gemacht das hier sehr viel wert auf Sicherheit gelegt wird. Leder ist Vorschrift. Mit Textilkleidung kommt man nicht auf die Renne (wurde natürlich schon im Vorfeld bekannt gegeben). Es ist ein Lederkombi, richtige Stiefel, Handschuhe und auch ein Rückenprotektor vorgeschrieben. Natürlich auch ein Helm. Die Spiegel, Blinker, der Scheinwerfer und das Rücklicht müssen abgebaut oder abgeklebt werden. Hintergrund ist, dass man bei einem Sturz keine Splitter hinterlässt und dass die Leuchtsignale andere nicht irritieren dürfen.
Man soll an dem Punkt bremsen wo man selbst meint und nicht wo der Vordermann bremst. (gilt eigentlich nicht fürs Getting Startet, aber dazu später mehr) Darum muss ein undurchsichtiges Klebeband genommen werden. Die Spiegel braucht man sowieso nicht, denn man soll sich nur nach vorn konzentrieren. Damit hat man schon genug zu tun. “Hat man noch Zeit beim Fahren in den Spiegel zu schaun, ist man zu langsam.”

Natürlich kann man auch eine Rennmaschine ohne Beleuchtung nehmen, selbst wenn diese extrem getunt ist. Tüv zählt hier nichts!!! Die einzige Vorschrift ist, dass sie nicht zu laut sein darf. Auf dem Hockenheimring darf die Maschine die 98 db nicht überschreiten, dies variiert aber von Rennstrecke zu Rennstrecke.


Wir fuhren auf eine große abgesperrte Fläche und führten in verschiedenen Gruppen Fahrübungen durch. Wir starteten mit Bremsübungen. Zuerst sollten wir aus 50 km/h voll bremsen. Hier ging es darum die Bremse zu betätigen und dann den Bremsdruck zu steigern. Das ganze auch noch mit allen vier Fingern. Da ich nur mit zwei Fingern kupple und bremse, war das echt ein Problem. Es ist echt schwer mit seinen Gewohnheiten zu brechen.

Vier Finger sollte man benutzen, da man sonst bei einem Crash die anderen zwei aus seinem Handschuh pulen kann, wenn man unter dem Hebel eingeklemmt wird. Nachzuvollziehen, aber wenn man mal im Rennsport schaut benutzen so gut wie alle ein oder zwei Finger. Es hat ja auch den ein oder anderen Vorteil nicht mit allen Fingern zu bremsen, also bleib ich persönlich bei zwei Fingern.

Weiter ging es mit einer Punktbremsung. Man sollte an einem bestimmten Punkt zum Halten kommen. Anschließend ging es wieder zur Vollbremsung. Das Vorderrad sollte nicht blockieren und das Heck am Boden bleiben. Das Heck hat sich bei mir aber schon das ein oder andere mal gehoben. Es ging bei den Übungen darum ein Gefühl für die Bremse zu bekommen. Klar, bremsen kann doch jeder, aber auf der Renne ist das noch mal ganz was anderes, wie ich später noch sehen durfte. Gebremst wurde jedenfalls nur vorn. Die hintere Bremse wurde vollkommen ignoriert.

Die obere Hälfte des Motorrads: Über die Einheit von Fahrer und Maschine*
- 302 Seiten & 80 Abbildungen
- Grundlagen der Fahrphysik
- Aufbau eines perfekten Fahrertrainings
- Fähigkeiten im Sattel realistisch einschätzen
- Spiegel, Bernt (Autor)
Letzte Aktualisierung am 4.04.2022 / *Affiliate Links / Bilder von der Amazon Product Advertising API
Da man durch die Radlastverschiebung hinten sowieso fast keine Bremswirkung aufbauen kann wurde ganz bewusst darauf verzichtet. Profis benutzen die hintere Bremse sehr wohl auf der Renne um das Bike beim Rausbeschleunigen aus der Kurve zu stabilisieren, aber das ist nur was für Profis. Der Bremsweg kann kürzer werden wenn man die hintere Bremse mitbenutzt, aber nur gering und es birgt auch die Gefahr dass das Hinterrad blockiert und man abschmiert. Die Meisten auf der Renne benutzen wirklich nur die vorderen Bremsen.

Die schnelleren Gruppen haben noch mehr oder andere Bremsübungen gemacht. Eine Gruppe die neben uns trainiert hat ließ die Bremse absichtlich blockieren um sie dann sofort wieder zu lösen. Dies wurde 3-4 mal direkt nacheinander gemacht. Bremsen – los – bremsen – los – bremsen – los. Nebenan wurde auf dem Schräglagenmotorrad gefahren und eine andere Gruppe hat mit dem eigenen Motorrad in Kreisfahrt das Knieschleifen / Schräglage geübt.


Nach den Bremsübungen haben wir das Schräglagenmotorrad übernommen. Durch die verstellbaren Ausleger konnte man eine Schräglage von 45 Grad erreichen. Zuerst bekamen wir aber die richtige Sitzposition gezeigt. Ein schönes Hanging off. Wir durften alle mal in Schräglage (bei stehendem / liegendem Motorrad) probesitzen. Ich dachte noch, das ist ja kein Problem, denn ich bin ein Hanging off ja gewohnt, aber die Geometrie des Motorrades war ganz anders als bei einem Sportler. Mit Händen an dem Lenker ging es, aber ohne Hände hatte ich keine Chance mich festzuhalten


Jetzt ging es los mit dem Teil im Kreis zu fahren. Ich wollte es gleich hinter mir haben und ging als zweites ran. Kein Problem dachte ich mir, jetzt zeig ich denen mal wie man das Knie auf den Boden bekommt.


Einmal wär die Kiste fast abgestorben und dann bei einem Millimeter mehr Gas hat sie gleich nen Satz nach vorn gemacht. So viel Drehmoment bin ich nicht gewohnt. Supersportler muss man auf Drehzahl halten, da geht unten rum gar nichts…

Ich hab es dadurch nicht mal geschafft einen gleichmäßigen Kreis zu fahren. Ich eierte also erstmal so rum und gewöhnte mich dann irgendwann dran. Gut, also dann schön in Schräglage. Das dritte Rad setzte auf und hat mich auch gleich voll irritiert, so dass ich schon wieder aus dem Kreis flog. Noch mal versucht und die Zehenschleifer haben aufgesetzt. So früh bin ich das nicht gewohnt, also hat es mich auch gleich wieder raus gebracht. Ich hab mich echt bis auf die Knochen blamiert und meine angeschliffenen Knieschleifer wurden von einem auch ganz skeptisch beäugt.

Der hätte mir nie geglaubt dass ich die selbst angeschliffen hab… Das hat schon ganz schön an meinem Ego gekratzt. Bei dieser Übung war jedenfalls die Blickführung extrem wichtig.

Das ganze sollte man mit Hanging off fahren. Ich dachte ich dreh am Rad. Die Pylonen waren am Anfang so eng dass man es gar nicht geschafft hat hin und her zu rutschen. (Dann muss man halt langsamer fahren hieß es nur obwohl der Abstand der Pylonen wohl eher für die Technik “drücken” geeignet war). Bei der Ideallinienwendung war die Kurve so eng dass man im ersten Gang fahren musste und Probleme hatte nicht umzukippen.



Bei dieser Übung konnte ich einen Hubschrauber im Landeanflug sehen. Shit, da hat wohl jemand einen üblen Crash gebaut, dachte ich mir noch. Das macht einen gleich wieder bewusst dass auf der Rennstrecke zu fahren Extremsport ist. Und bei Extremsport riskiert man sein Leben, das sollte man nicht vergessen und auch nicht schön reden. Das ist Fakt…

Endlich fertig mit der Übung und es sollte in die Mittagspause gehen. Allerdings konnten wir noch nicht los, da einem der Motor hoch gekocht ist. Es war aber auch eine Bullenhitze. Sah für mich aus als wär die Zylinderkopfdichtung durch. Ich hab den Fahrer dann noch zurück mit in die Boxengasse genommen. Wäre echt Mist wenn die Maschine jetzt nicht mehr läuft, vor allem weil er für den nächsten Tag gleich noch ein Instruktortraining gebucht hat.


In der Mittagspause haben wir uns an dem Kiosk vor Ort nen kleinen Snack gegönnt. Tat echt gut mal aus den Klamotten zu kommen und im Schatten zu sitzen.

Die ersten Meter auf der Rennstrecke

Nach Mittag trafen wir uns noch für die zweite Theorieeinheit. Sie ging wieder 30 Minuten und uns wurde das Verhalten auf der Rennstrecke erklärt. Was welche Fahne bedeutet, wie man bei einer gelben Fahne reagiert, wie bei einem Crash… Ich vermutete vor dem Training dass jede Gruppe des Getting Startet einzeln auf die Strecke geht, das war aber nicht so. Bei den drei Turns a 30 min waren alle Getting Started Teilnehmer auf der Strecke, aber nur die. Die vom Sportfahrertraining hatten in dieser Zeit Pause was für alle wohl sicherer war… Also wurden wir noch aufgeklärt wie es dort dann abläuft und wie man es mit dem Überrunden regelt, da man ja in der Gruppe bleiben sollte.

Anschließend wurde der Ablauf noch mal genauer von unserem Instruktor erklärt. Ganz wichtig war ihm, dass wir direkt hintereinander fahren und jeder die selbe Linie fährt. Wir sollten einen Abstand von 10 – 15 m zum Vordermann einhalten. Ist der Abstand größer, nimmt er Tempo raus weil er davon ausgeht, dass es jemanden zu schnell ist. Schließt sich die Lücke nicht, nimmt er wieder Tempo raus und so weiter…




Es ging also um die erste Kurve und alle zogen mir davon. War ja klar mit nur 65 PS. Da aber auch nicht so extrem beschleunigt wurde hatte ich schnell wieder aufgeholt. Ich musste meine Kleine halt nur auf Drehzahl halten. Bremsen hätte ich noch viel später gekonnt, da sie sehr gute Bremsen hat und ja nicht so viel Gewicht zu bremsen braucht. In den Kurven hätte es auch schneller sein können, aber ich hab dann hin und wieder die Linie etwas abgeändert damit ich schneller rum komm und mehr Speed mit auf die Geraden bekomm. An den Abstand von 10 -15m hab ich mich da nicht mehr gehalten. Ich bin meinem Vordermann zum Teil ganz schön am Arsch gehängt damit ich auf der Geraden nicht zu viel Boden verlier.

Auf die Art und Weise ging es also um den Kurs. Ich konnte um die Kurven schon richtig Gas geben und von gemütliche Fahrt oder Langeweile keine Spur.


Leider wurden wir immer langsamer da manche Teilnehmer den Abstand zu groß werden ließen. Es ist ja auch klar, man bekommt ja immer eingeredet das man Abstand einhalten muss. Sonst ist man gleich Raser oder Drängler…






