Frankreich hebt die Einschränkungen für das Spurfiltern auf und macht diese Fahrtechnik nach jahrelangen Tests nun landesweit legal.  Das entsprechende Dekret wurde am 9. Januar 2025 verabschiedet und trat direkt am nächsten Tag in Kraft.  Für Motorrad- und Rollerfahrer im ganzen Land bedeutet das einen bedeutenden Schritt in Richtung mehr Fahrkomfort im stockenden Verkehr.

Historischer Hintergrund

Das Durchschlängeln wurde in Frankreich über fünf Jahre in einem Verkehrsversuch getestet.  Bis dato war das Durchschlängeln in Frankreich nicht explizit geregelt, wurde aber vielerorts toleriert.  Diese Studie lief auf elf ausgewählten Strecken und endete im Januar 2021.  Obwohl die Praxis von vielen Verkehrsteilnehmern positiv aufgenommen wurde, ergaben die Untersuchungen einen Anstieg der Unfälle mit motorisierten Zweirädern um 12 Prozent.  Gleichzeitig gingen die Unfallzahlen auf anderen Straßen im Land um 10 Prozent zurück.

Diese Ergebnisse führten zunächst zu einem Verbot des Filterns im Jahr 2021.  Bei Verstoßen wurden Geldstrafen in Höhe von 135 € sowie drei Punkte im Führerschein verhängt.  Dieses Verbot löste landesweite Proteste von tausenden Motorradfahrern aus, die eine Legalisierung forderten.  Besonders die Föderation der „Motards en Colère“ (FFMC) setzte sich vehement für die Rechte der Fahrer ein.  Man kritisierte, dass der Versuch auf bestimmten Strecken nicht für die Verkehrsteilnehmer ausreichend erkenntlich war, so dass Verkehrsteilnehmer nicht mit filternden Motorrädern rechnen konnten und es dadurch auch durch Spurwechsel der Autos zu Zusammenstößen kam.

Daraufhin kündigte die französische Regierung eine neue Studie an, um sicherzustellen, dass Filtern unter sicheren Bedingungen erfolgen kann.  Zu den geplanten Maßnahmen gehörten eine deutliche Beschilderungen, um Autofahrer auf das Verhalten der Motorradfahrer aufmerksam zu machen.  Zusätzlich sollte eine verbesserte Datenerfassung helfen, genauere Erkenntnisse zu gewinnen.

Interessant ist, dass die Studien ursprünglich bis zum 31. Dezember 2024 abgeschlossen sein sollten.  Anfang Januar 2025 kündigten die Behörden jedoch an, die Erprobung bis Mitte des Jahres zu verlängern.  Wenige Tage später folgte überraschend die endgültige Entscheidung: Spurfiltern wird legal – unter klar definierten Bedingungen.

 

Was bedeutet Spurfiltern eigentlich?

Spurfiltern beschreibt das Verhalten, bei dem Motorradfahrer zwischen den stehenden oder langsam fahrenden Autoschlangen auf mehrspurigen Straßen hindurchfahren, um Staus zu umgehen.  Diese Technik wird bereits in vielen Ländern praktiziert, unter anderem in Spanien, Italien und Kalifornien, und dient dazu, die Effizienz im Straßenverkehr zu erhöhen.  Indem Motorräder Staus umgehen können, bleibt mehr Platz für Autos, was die Gesamtsituation auf den Straßen entspannen soll.

 

Welche Fahrzeuge dürfen in Frankreich filtern?

Die neue Regelung erlaubt das Spurfiltern ausschließlich für zwei- und dreirädrige Fahrzeuge, die bestimmte Maße nicht überschreiten.  Konkret dürfen nur Motorräder, Roller und Dreiradroller teilnehmen, die schmaler als ein Meter (1.000 mm) sind.  Das schließt die meisten Motorräder problemlos ein.  Fahrzeuge wie der Piaggio MP3 (Breite: etwa 800 mm) erfüllen diese Voraussetzung ebenfalls.

Fahrzeuge, die breiter als ein Meter sind, dürfen nicht filtern.  Ein klassisches Beispiel ist das Ural Gear Up mit Seitenwagen, das mit fast 1,6 Metern Breite deutlich über dem erlaubten Limit liegt.

 

Geschwindigkeitsvorgaben beim Spurfiltern

Eine wichtige Einschränkung der neuen Regelung betrifft die Geschwindigkeiten.  Spurfiltern ist nur auf Straßen erlaubt, auf denen die zulässige Höchstgeschwindigkeit mindestens 70 km/h (ca. 43,4 mph) beträgt.  Außerdem müssen die Fahrer bestimmte Geschwindigkeitslimits beim Filtern einhalten:

  • Die maximale Geschwindigkeit für filternde Motorräder beträgt 50 km/h (ca. 31 mph).
  • Falls der Verkehr vollständig zum Stillstand kommt, darf das filternde Fahrzeug höchstens 30 km/h (ca. 18,6 mph) schnell fahren.

 

Zusätzliche Regeln für das Spurfiltern

Neben den Geschwindigkeitsvorgaben gibt es weitere detaillierte Vorschriften, die von den Fahrern eingehalten werden müssen, um sicherzustellen, dass das Spurfiltern geordnet und sicher abläuft:

  1. Erlaubte Fahrspuren: Spurfiltern ist nur innerhalb der beiden linken Fahrspuren gestattet. Fahrer dürfen keine anderen Spuren nutzen, um zwischen den Fahrzeugen zu fahren.
  2. Straßenzustand: Spurfiltern ist verboten, wenn sich Bauarbeiten auf der Fahrbahn befinden oder die Fahrbahnoberfläche durch Schnee oder Eis beeinträchtigt ist.
  3. Signalisierung: Vor dem Beginn des Spurfilterns müssen Fahrer ihre Absicht deutlich durch das Setzen des Blinkers anzeigen. Damit sollen andere Verkehrsteilnehmer rechtzeitig informiert werden.
  4. Überholverbot unter Filtern: Filternde Motorräder dürfen keine anderen filternden Fahrzeuge überholen. Dies soll verhindern, dass es zu gefährlichen Situationen durch plötzliches Spurwechseln kommt.
  5. Rückkehr in den Verkehrsfluss: Sobald der umliegende Verkehr schneller als die maximal erlaubte Filtergeschwindigkeit fährt, müssen die Fahrer wieder in die reguläre Spur einscheren und das Filtern beenden. Auch hier ist das Setzen des Blinkers erforderlich, um anderen Fahrern das Einscheren anzuzeigen.
  6. Strafen bei Verstößen: Wer die Vorgaben zum Spurfiltern missachtet, riskiert empfindliche Strafen. Dazu gehören Geldbußen, Punkte im französischen Fahreignungssystem und in schweren Fällen sogar der zeitweise Entzug der Fahrerlaubnis.

 

Warum wurde das Spurfiltern legalisiert?

Die Entscheidung der französischen Regierung basiert auf den positiven Ergebnissen der jahrelangen Studienphase.  Untersuchungen zeigten, dass korrekt ausgeführtes Spurfiltern keine erhöhte Unfallgefahr für Motorradfahrer oder andere Verkehrsteilnehmer darstellt.  Gleichzeitig trägt es dazu bei, Staus schneller aufzulösen und den Verkehrsfluss auf vielbefahrenen Straßen zu verbessern.  Zudem verringert das Spurfiltern die Standzeiten von Motorrädern in Staus, was auch aus ökologischer Sicht von Vorteil ist, da weniger Kraftstoff verbraucht wird.

 

Ein Blick auf die internationale Praxis

Frankreich ist nicht das erste Land, das Spurfiltern legalisiert.  In Spanien, Italien und auch in einigen US-Bundesstaaten wie Kalifornien gehört diese Praxis bereits seit Jahren zum Alltag.  Die dortigen Erfahrungen haben ebenfalls gezeigt, dass das kontrollierte Spurfiltern sowohl den Verkehrsfluss als auch die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer verbessert.

Trotz dieser Vorteile sieht die Situation in Deutschland anders aus.  Hier bleibt das Durchschlängeln verboten und wird streng geahndet.  Seit der Einführung des neuen Bußgeldkatalogs im November 2021 drohen beim unerlaubten Nutzen der Rettungsgasse mindestens 240 € Strafe, zwei Punkte sowie ein Monat Fahrverbot.

Darüber hinaus könnte eine Legalisierung in Deutschland aufgrund mangelnder Akzeptanz durch andere Verkehrsteilnehmer zu erheblichen Problemen führen.  Obwohl Motorradfahrer im Stau oft besondere Belastungen durch Hitze und schwere Schutzkleidung ertragen.

 

Fazit

Mit der landesweiten Legalisierung des Spurfilterns geht Frankreich einen wichtigen Schritt in Richtung einer moderneren und effizienteren Verkehrsgestaltung.  Solange sich die Fahrer an die klar definierten Regeln halten, dürfte diese Maßnahme sowohl für Motorradfahrer als auch für Autofahrer Vorteile bringen.

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