Ruettelstreifen

Rüttelstreifen gegen „Raserei“: Thüringer Unfallstrecke erhält neue Sicherheitsmaßnahme

Die kurvenreiche Landstraße zwischen Zella-Mehlis und Oberhof in Südthüringen ist seit Jahren bei Motorradfahrern beliebt – aber auch berüchtigt. In den Jahren 2023 und 2024 ereigneten sich dort insgesamt 19 Verkehrsunfälle, zwei davon mit tödlichem Ausgang. Um dem entgegenzuwirken, wurden im September 2025 an sieben neuralgischen Punkten sogenannte Rüttelstreifen aufgebracht. Die Maßnahme, getragen vom Thüringer Landesamt für Bau und Verkehr, wurde in der Woche vor dem 16. September 2025 umgesetzt und soll riskante Fahrmanöver deutlich erschweren.

Fahrbahn bleibt erhalten – neue Technik kommt zum Einsatz

Die orangefarbenen Rüttelstreifen bestehen aus eingefärbtem Kaltplastik, das mit gebrochenem Gesteinsmehl oder Glasbruch versetzt wird. Diese zähe Substanz wird mithilfe eines sogenannten Ziehschuhs auf exakt definierte Stellen aufgetragen. An der Rückseite des Ziehschuhs sorgt ein Profil für die charakteristische Struktur der Streifen. Nach dem Auftragen wird zusätzlich Material gestreut, um die Griffigkeit zu erhöhen – sowohl bei trockener als auch bei nasser Fahrbahn.

Trotz der Aufbringung bleiben die Asphaltdecke und die Tragschicht unversehrt. Das ist möglich, weil es sich um eine rein aufliegende Markierung handelt. Eine großflächige Sanierung der Straße ist somit nicht notwendig. Das Verfahren ist vergleichsweise neu und wird erst seit rund vier Jahren in Deutschland eingesetzt.

 

Vibrationen und Geräusche als Warnsignal

Die quer zur Fahrbahn aufgetragenen Rüttelstreifen erzeugen beim Überfahren deutlich hörbare Geräusche und Vibrationen. Genau diese Effekte sollen laut Landratsamt Schmalkalden-Meiningen dazu beitragen, dass Motorrad- und Autofahrer ihre Geschwindigkeit verringern. Besonders zielt die Maßnahme auf diejenigen ab, die die kurvige Strecke für illegale Rennen oder überhöhte Geschwindigkeiten nutzen. Die betroffenen Abschnitte umfassen unter anderem den Bereich hinter dem Rondell in Fahrtrichtung Zella-Mehlis sowie die sogenannte Sternengrundkurve.

 

Motorradfahrer im Fokus – ohne sie zu verbannen

Auch wenn sich in den sozialen Netzwerken teils scharfe Kritik an der Maßnahme findet, betonen die Behörden, dass die Strecke weiterhin für Motorradfahrer zugänglich bleiben soll. Die Streifen seien so konzipiert, dass sie „keineswegs den Genuss am Fahren auf der Strecke nehmen sollen“, heißt es seitens des Landratsamts. Vielmehr wolle man genau dort ansetzen, wo wiederholt Unfälle aufgetreten sind – und überhöhte Geschwindigkeit nachweislich eine Rolle gespielt hat.

Kritik gibt es vor allem hinsichtlich der Wirksamkeit und Haltbarkeit der Markierungen. Einige Nutzer bezeichnen die Maßnahme als „Witz“, andere fordern sogar deren Entfernung. Zudem wird bezweifelt, dass die Rüttelstreifen den Winter überstehen. Laut Annett Frech, Sachbereichsleiterin im Thüringer Landesamt für Bau und Verkehr, sei das Material jedoch so beschaffen, dass es auch vom Winterdienst ohne Beschädigung überfahren werden kann. Die Haltbarkeit wird mit mindestens zwei und maximal vier Jahren angegeben.

 

Erfahrungen aus anderen Bundesländern stimmen zuversichtlich

Bisherige Erfahrungen mit Rüttelstreifen in Baden-Württemberg, Niedersachsen und dem Harz deuten darauf hin, dass solche Maßnahmen tatsächlich zur Reduzierung von Unfallzahlen beitragen können. Ob dies auch in Südthüringen gelingt, soll im kommenden Jahr überprüft werden. Die Strecke wird bis dahin weiter beobachtet – eine Bewertung der Maßnahme steht also noch aus.

 

Keine endgültige Lösung, aber ein möglicher Schritt zur Entschärfung

Die Einführung der Rüttelstreifen ist Teil eines Maßnahmenpakets, das auf eine sichere Nutzung der beliebten Strecke abzielt. Nachdem verstärkte Polizeikontrollen nicht den gewünschten Effekt erzielt hatten, wurde die Unfallkommission einberufen und entschied sich für diese bauliche Intervention. Trotz der Kritik bleibt abzuwarten, wie sich die Maßnahme im praktischen Betrieb bewährt – eine endgültige Bewertung ist derzeit noch nicht möglich.

Redakteur bei Motorrad Nachrichten. Fokus auf Technik, Szene und Motorradpolitik – neutral, sachlich, verständlich. Verantwortlich für die Seiten www.Motorcycles.News, www.Motorrad.Training und den YouTube-Kanal "Motorrad Nachrichten", sowie deren social Media-Seiten.