Der Unfall: Überholmanöver mit fatalem Ende
Der Vorfall ereignete sich außerhalb geschlossener Ortschaften auf einer Bundesstraße, auf der aufgrund einer Baustelle eine temporäre Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h angeordnet war. Ein Motorradfahrer nutzte die Gelegenheit, einen Rettungswagen zu überholen, und beschleunigte dabei massiv. Ein später beauftragter Gutachter stellte fest, dass er zwischen 109 und 124 km/h unterwegs war – also mehr als doppelt so schnell wie erlaubt.
Zur selben Zeit beabsichtigte der Fahrer eines entgegenkommenden Pkw, nach links abzubiegen. Obwohl er das Scheinwerferlicht des Motorrads wahrnahm, unterschätzte er dessen Geschwindigkeit deutlich. Er leitete das Abbiegen ein, woraufhin der Motorradfahrer eine Vollbremsung einleitete, die Kontrolle verlor und mit dem Fahrzeug kollidierte. Der Aufprall war so schwer, dass der Motorradfahrer noch an der Unfallstelle verstarb.
Die juristische Aufarbeitung: Anspruch auf Schadensersatz
Die Hinterbliebenen – Ehefrau und zwei Kinder des Verstorbenen – klagten auf vollständigen Schadensersatz. Sie vertraten die Ansicht, dass der Autofahrer den Unfall durch aufmerksameres Verhalten hätte vermeiden können. Das Landgericht Kiel gab ihnen teilweise recht, bewertete die Haftungsquote zunächst mit 65 Prozent zu Lasten des Autofahrers. Dagegen legten die Beklagten Berufung ein.
Das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein revidierte dieses Urteil teilweise und entschied in der Folge auf eine gleichmäßige Haftungsteilung. Beide Parteien seien gleichermaßen für den Unfall verantwortlich – jeweils zu 50 Prozent (Az.: 7 U 91/23).
Begründung des Gerichts: Beide Seiten in der Verantwortung
Die Richter führten aus, dass die überhöhte Geschwindigkeit des Motorradfahrers maßgeblich zur Unfallverursachung beigetragen habe. Bei Einhaltung der vorgeschriebenen Geschwindigkeit hätte er den Unfall durch rechtzeitiges Bremsen vermeiden können. Auch bei 75 km/h wäre ein rechtzeitiger Stopp laut Gutachten noch möglich gewesen.
Gleichzeitig sah das Gericht aber auch eine erhebliche Mitverantwortung beim Autofahrer. Dieser habe gegen § 9 Abs. 3 StVO verstoßen, der besondere Sorgfaltspflichten beim Linksabbiegen vorschreibt. Ein aufmerksames Einschätzen der Geschwindigkeit sei bei genügender Beobachtung möglich gewesen. Die Argumentation der Beklagten, ein Motorrad sei in der Dämmerung schwerer zu erkennen, ließ das Gericht nicht gelten – insbesondere, da der Fahrer den Überholvorgang wahrgenommen hatte.
Innerorts oder außerorts? Ein formaler, aber entscheidender Unterschied
Ein zentraler Punkt in der juristischen Bewertung war die Frage, ob das Geschehen als innerörtlich oder außerörtlich einzuordnen ist. Das Gericht stellte klar: Auch wenn die Baustelle für ein innerörtliches Tempolimit sorgte, bleibt die formale Einstufung „außerorts“ entscheidend. Anders als in der vom Kammergericht zitierten Rechtsprechung, die bei massiver Geschwindigkeitsüberschreitung innerorts eine Alleinschuld des Schnellfahrers annimmt, sei diese Argumentation auf den außerörtlichen Verkehr nicht übertragbar.
Konsequenzen für Motorrad- und Autofahrer
Das Urteil hat weitreichende Bedeutung für die Praxis – sowohl für Motorrad- als auch für Autofahrer. Wer ein Fahrzeug führt, muss sich nicht nur an Verkehrsregeln halten, sondern auch mit regelwidrigem Verhalten anderer rechnen. Eine überhöhte Geschwindigkeit führt nicht automatisch zu einer Alleinschuld. Umgekehrt kann ein Vorfahrtsverstoß oder ein Fehler beim Abbiegen auch dann zur Mitschuld führen, wenn der andere Beteiligte deutlich zu schnell unterwegs ist.
Für Motorradfahrer bedeutet das: Selbst wenn ein entgegenkommendes Fahrzeug einen Fehler macht, kann ein eigenes Fehlverhalten – wie etwa eine massive Geschwindigkeitsüberschreitung – dazu führen, dass Ansprüche auf Schadensersatz oder Hinterbliebenenleistungen gekürzt werden oder ganz entfallen.
Für Autofahrer gilt: Wer nach links abbiegen will, muss den Gegenverkehr besonders sorgfältig beobachten. Eine falsche Einschätzung der Geschwindigkeit kann selbst bei offensichtlichen Verkehrsverstößen des Gegenübers zu einer Mithaftung führen.
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