Hintergrund des Verkehrsversuchs
Die Diskussion um Lärmemissionen und Verkehrsbelastung durch Motorräder in der Region reicht bis ins Jahr 2019 zurück. Damals hatte Landrat Ulrich Krebs (CDU) angekündigt, probeweise Streckensperrungen einzuführen, um eine Datengrundlage für dauerhafte Maßnahmen zu schaffen. Der Bundesverband der Motorradfahrer (BVDM) reagierte mit Demonstrationen und kündigte rechtliche Schritte an, falls es zu dauerhaften Sperrungen kommen sollte.
Im Jahr 2022 wurde ein erneuter Verkehrsversuch durchgeführt. An sieben Wochenenden zwischen April und Oktober blieben bestimmte Streckenabschnitte für Motorräder gesperrt. Dazu gehörten unter anderem die L 3004 und die L 3024 rund um den Großen Feldberg. Ziel war es, die Auswirkungen auf die Lärmemissionen sowie das Unfallgeschehen zu untersuchen.
Ergebnisse des Gutachtens
Das beauftragte Unternehmen PGT Umwelt und Verkehr GmbH präsentierte im November 2024 die Ergebnisse des Gutachtens. Die Analyse umfasste Verkehrszählungen an gesperrten und nicht gesperrten Wochenenden sowie die Berechnung von Lärmemissionen auf Basis der Richtlinien RLS-90 und RLS-19. Die zentralen Erkenntnisse lauten:
- Lärm und Verkehr: An Wochenenden ohne Sperrungen wurden im Schnitt 5000 Fahrzeuge gezählt, davon etwa 500 Motorräder. Die Motorräder hatten dabei einen vergleichsweise geringen Einfluss auf die Gesamtlärmbelastung, da die Spitzenwerte unabhängig von der Anwesenheit von Motorrädern zu ähnlichen Zeiten und an ähnlichen Orten auftraten.
- Unfallzahlen: Während des Versuchszeitraums wurden keine Unfälle auf den gesperrten Streckenabschnitten verzeichnet. Die generelle Unfallbilanz im Feldberggebiet ist seit 2018 rückläufig, was vor allem einer erhöhten Polizeipräsenz zugeschrieben wird.
- Lärmschutzzonen: Reduzierungen der Höchstgeschwindigkeit auf 60 km/h an Ortseingängen wie in Arnoldshain und der Hegewiese zeigen eine messbare Entlastung und bleiben daher bestehen. Eine weitere Verschärfung dieser Maßnahmen wird jedoch nicht empfohlen.
Reaktionen und Kritik
Der Verzicht auf Streckensperrungen wurde von Motorradverbänden wie dem BVDM begrüßt. Sie betonten, dass Manipulationen an Fahrzeugen und rücksichtsloses Verhalten nicht toleriert werden dürften, und forderten die Fahrer auf, sich an die Straßenverkehrsordnung zu halten. Auch die IG Motorradfreunde Hochtaunus hob die Wichtigkeit eines fairen Dialogs hervor.
Lärmgeplagte Anwohner äußerten hingegen Enttäuschung über die Ergebnisse. Sie kritisierten, dass der Durchschnittslärm nicht das Hauptproblem sei, sondern die Lärmspitzen, die durch aggressive Fahrweisen verursacht werden. Solche Spitzenwerte werden in Berechnungen nicht ausreichend berücksichtigt. Die Verwaltung räumte ein, dass gegen „Raser und Störenfriede“ mit den vorhandenen Mitteln kaum vorzugehen sei, verwies jedoch auf die Erfolge verstärkter Polizeikontrollen.
Perspektiven für die Region
Die Entscheidung des Kreises zeigt, wie komplex der Umgang mit den unterschiedlichen Interessen im Feldberggebiet ist. Einerseits gibt es berechtigte Beschwerden der Anwohner über Lärmbelästigung, andererseits würde eine Streckensperrung für Motorräder viele verantwortungsbewusste Biker unberechtigt treffen.
Statt Verbote auszusprechen, setzt der Kreis auf Dialog und Sensibilisierung. So soll im Dezember 2024 eine „Zukunftswerkstatt“ stattfinden, bei der Vertreter aller Interessengruppen zusammenkommen, um gemeinsame Lösungen zu erarbeiten.
Die Ergebnisse des Verkehrsversuchs und die daraus abgeleiteten Maßnahmen verdeutlichen, dass ein Ausgleich zwischen den Interessen von Anwohnern, Motorradfahrern und Tourismus möglich ist – vorausgesetzt, alle Beteiligten zeigen Kompromissbereitschaft und Verantwortungsbewusstsein.