Die Lierbacher Steige im Schwarzwald, eine beliebte kurvenreiche Strecke auf der K5370 von Oppenau in Richtung Allerheiligen, steht im Mittelpunkt einer hitzigen Debatte.  Diese landschaftlich reizvolle Straße, die besonders Motorradfahrern Freude bereitet, wurde in ein Pilotprojekt des Landes Baden-Württemberg integriert, um den Verkehrslärm zu analysieren.  Doch schon vor Abschluss der Untersuchungen scheint das Ergebnis in eine klare Richtung zu deuten: ein mögliches Fahrverbot – allerdings nur für Motorräder.

Lärmmessungen mit vorbestimmtem Ziel?

Bereits vor Beginn der Lärmmessungen berichtete die Plattform Baden-Online, dass das Pilotprojekt letztlich auf die Einführung von Fahrverboten abziele.  

Zitat: „Ziel sei am Ende des Projekts die Ausweisung von Fahrverboten.“

Kritiker sehen hierin einen Hinweis, dass die Messungen nicht ergebnisoffen durchgeführt wurden.  Interessanterweise übertraf während der Messungen 2023 und 2024 ein Pkw sowie ein Lieferwagen mit je 100 Dezibel die Maximalwerte aller Motorräder, dennoch konzentriert sich die Diskussion ausschließlich auf „Motorradlärm“.

Die durchschnittliche Lautstärke der Motorräder betrug 2023 etwa 78,4 Dezibel, 2024 stieg dieser Wert geringfügig auf 78,5 Dezibel.  Die maximalen Werte lagen bei 96 Dezibel (2023) und 97 Dezibel (2024).  Dabei ist zu beachten, dass moderne Motorräder gemäß EU-Vorschriften bei standardisierten Tests nicht lauter als 77 Dezibel sein dürfen (für ältere Maschinen gelten technisch bedingt höhere Grenzwerte).  Das heißt aber nicht, dass Motorräder nicht lauter sein können oder dürfen.  Getestet wird hier unter ganz bestimmten und fest definierten Bedingungen in einem Abstand von 7,5 Metern und unter bestimmten Fahrbedingungen.  Bei dem Lärmdisplay an der Lierbacher Steige wurde allerdings ganz anders gemessen.

Laut Statistik eines Versicherers aus dem Jahr 2022 beträgt das Durchschnittsalter von Motorrädern in Deutschland etwa 17 Jahre.  Diese älteren Modelle unterliegen ganz anderen Geräuschgrenzwerten, da sie nicht den aktuellen technischen Standards entsprechen.  Betrachtet man mit diesem Hintergrund den Messabstand und den eingestellten Grenzwert von 85 db, dann wird klar, dass die Messergebnisse ganz anders zu werten sind und nicht mit standardisiertem Messverfahren mit dem Wert der 77 Dezibel zu vergleichen sind.

 

Die Daten im Detail

Die Lärmmessungen fanden an einem Lärmdisplay in einer 60er-Zone statt, das direkt hinter einer Leitplanke aufgestellt wurde.  Der Abstand war also viel geringer als bei dem standardisierten Messverfahren.  Fahrzeuge, die 85 Dezibel überschritten, lösten ein „Leiser“-Signal aus.  Von den insgesamt 101.722 gemessenen Fahrzeugen im Jahr 2023 waren 32 % Motorräder.  2024 wurden 57.522 Fahrzeuge gemessen – ebenfalls mit einem Anteil von 32 % Motorrädern.  Die deutlich niedrigere Gesamtzahl im zweiten Jahr resultiert unter anderem aus einem kürzeren Messzeitraum und einer technischen Panne: Die Batterie des Geräts war im Mai und Juni 2024 leer.

Zusätzlich zur Lautstärke wurde auch die Geschwindigkeit der Fahrzeuge erfasst.  2023 lag die Spitzengeschwindigkeit bei 132 km/h, 2024 bei 133 km/h.  Angaben von welchen Fahrzeugen fehlen hier allerdings.  Durchschnittlich fuhren 85 % der Verkehrsteilnehmer 2023 rund 68,22 km/h, 2024 waren es 68,05 km/h – beide Werte liegen leicht über der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h.

 

Warum nur Motorräder im Fokus?

Ein zentraler Kritikpunkt ist die einseitige Betrachtung der Ergebnisse.  Obwohl auch Pkw und Sportwagen die Lärmgrenzen überschritten, konzentrieren sich die Maßnahmen offenbar ausschließlich auf Motorräder.  Die Lautstärkemessungen wurden ausschließlich für Motorräder ausgewertet, für andere Fahrzeuge nicht.  Das Warum bleibt allerdings unbeantwortet.

Dennoch bleibt unklar, warum diese Fahrzeuge besonders ins Visier genommen werden, obwohl auch andere Verkehrsteilnehmer Verkehrslärm verursachen.

 

Mögliche Konsequenzen: Fahrverbote und deren rechtliche Folgen

Oppenau plant, die Messdaten für einen neuen Lärmaktionsplan zu nutzen.  Neben der bereits bestehenden Geschwindigkeitsbegrenzung könnten weitere Maßnahmen wie temporäre Fahrverbote für Motorräder eingeführt werden.  Zu betonen ist, dass es hier ausschließlich um das Thema „Lärm“ geht, denn häufig wird auch argumentiert, dass solche Maßnahmen der Unfallprävention dienen sollen.  Jedoch gibt es an der Lierbacher Steige keinen ausgewiesenen Unfallschwerpunkt.  Wie Baden-Online berichtet: „Demnach gebe es in Lierbach noch keinen Unfallschwerpunkt.  Das liege vermutlich daran, dass die Unfälle immer an anderen Standorten stattfänden.“

Sollte es dennoch zu einem Fahrverbot kommen, könnten rechtliche Auseinandersetzungen folgen.  

 

Fazit: Ist ein Fahrverbot gerechtfertigt?

Die erhobenen Daten zeigen zwar vereinzelt Grenzwertüberschreitungen, jedoch nicht in einem Ausmaß, das ein Fahrverbot rechtfertigen würde.  Darüber hinaus bleibt fraglich, warum die Maßnahmen nur auf Motorräder abzielen, obwohl auch andere Fahrzeugtypen zu den Lärmspitzen beitrugen.  

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