Das Pilotprojekt Holzminden 2024 und die Masse als Problem
Die Debatten und geplanten Maßnahmen in Holzminden 2024 fokussieren sich auffallend stark auf die gesamte Gemeinschaft der Motorradfahrer, und nicht nur auf diejenigen, die mit überhöhter Geschwindigkeit oder manipulierten Auspuffanlagen negativ auffallen.
Die angedachten Sanktionen und Regelungen könnten als eine Art “Kollektivstrafe” betrachtet werden, die alle Motorradfahrer betrifft, unabhängig von ihrem individuellen Fahrverhalten.
Interessant ist auch, dass in den ganzen Papieren sehr oft zu lesen ist, dass die Masse an Motorradfahrern an sich schon als belästigend empfunden wird. Auf die sogenannten schwarzen Schafe, die in solchen Fällen meist vorgeschoben werden, um zahlende Motorradtouristen nicht abzuschrecken, wird hier bewusst verzichtet. Hier gibt es offensichtlich kein „wir wollen nur die Raser und Lärmer nicht, alle anderen sind hier gern willkommen“
Gerechtigkeit auf der Straße: Gezielte Maßnahmen gegen Motorradfahrer im Projekt Holzminden 2024
Die Umsetzung des Pilotprojekts Holzminden 2024 stößt auf erhebliche Bedenken, insbesondere im Hinblick auf die Gleichbehandlung aller Verkehrsteilnehmer. Eines der umstrittenen Elemente ist die Einführung des „Tiroler Modells“, das an den meisten „Problemstrecken“ umgesetzt werden soll. Diese Maßnahme würde bedeuten, dass Motorradfahrer die Strecken während bestimmter Zeiten überhaupt nicht befahren dürfen – eine Regelung, die ausschließlich diese Gruppe betrifft und andere Verkehrsteilnehmer unberücksichtigt lässt.
Des Weiteren sollen spezielle Geschwindigkeitsbeschränkungen nur für Motorräder auf diversen Strecken eingeführt werden. Diese zielgerichteten Beschränkungen könnten als Diskriminierung wahrgenommen werden und bringen zusätzlich das Risiko von Sicherheitsproblemen durch gemischte Geschwindigkeiten im Verkehr mit sich.
Interessanterweise beinhalten die vorgeschlagenen Maßnahmen auch einige, die unabhängig von der spezifischen Problematik des Motorradlärms längst hätten umgesetzt werden können – wie das Versetzen von Ortsschildern oder verstärkte Polizeikontrollen (zum Teil wird sogar davon gesprochen, dass keinerlei Polizeikontrollen zu verzeichnen sind).
Beispielsweise ist die Versetzung der Ortsschilder in Golmbach und der L589 bis vor die Einmündung Otto-Schott-Str. in Grünenplan/Delligsen eine Maßnahme, die nicht speziell auf Motorradfahrer abzielt und bereits früher zur Diskussion hätte stehen können.
Die Frage, die im Raum steht: Warum werden solche Maßnahmen erst jetzt, im Zuge eines Projekts, das stark auf die Regulierung einer spezifischen Gruppe ausgerichtet ist, in Betracht gezogen? Die Fokussierung auf Maßnahmen gegen Motorradfahrer wirft ernsthafte Fragen hinsichtlich Fairness, Diskriminierung und effektiver Problemlösung auf. Eine umfassendere, inklusivere Herangehensweise, die alle Verkehrsteilnehmer und Anwohner berücksichtigt, wäre hier der gerechtere und sicherlich auch effektivere Weg.
Das Tiroler Modell – Kritisch betrachtet
Das vorgeschlagene Tiroler Modell bezieht sich auf eine Regelung, die spezifische Strecken für Motorräder verbietet, die ein „Standgeräusch“ von mehr als 95 dB(A) aufweisen. In Holzminden wird jedoch eine strengere Grenze von 90 dB(A) in Erwägung gezogen. Hierbei ist anzumerken, dass, wie die Deutsche Umwelthilfe selbst hervorhebt, das eingetragene Standgeräusch nicht immer dem tatsächlichen Geräusch während des Betriebs entspricht. Diese Regelung könnte also Motorräder ausschließen, die eigentlich gar nicht laut sind, denn die Fahrweise ist ausschlaggebend für die Lautstärke!
Außerdem muss man auch klarstellen, dass es aktuell in Deutschland gar keine rechtliche Grundlage gibt, ein solches Modell dauerhaft einzuführen!
Zur Erklärung: Das eingetragene ‘Standgeräusch’, welches bei einer Drehzahl von 1/2 der Nennleistungsdrehzahl gemessen wird, sofern diese über 5000 m^-1 liegt, dient ursprünglich nur als Indikator für die Polizei, um mögliche Manipulationen der Auspuffanlage zu identifizieren. Es hat jedoch keinen direkten Zusammenhang mit dem tatsächlichen Fahrgeräusch, das ein Motorrad auf der Straße erzeugt. Im Kontext des Tiroler Modells, einer Verordnung die Motorräder mit einem Standgeräusch von über 95 Dezibel von bestimmten Straßen in Tirol ausschließt, zeigt sich, dass diese Messung nicht geeignet ist, laute von leisen Motorrädern zu unterscheiden und daher nicht zielführend ist, wenn es darum geht, die Lärmbelastung für Anwohner zu verringern.
Praxisbeispiel: Dein Motorrad hat eine Leistung von 100 PS bei 12.000 U/min – dann wird das „Standgeräusch“ bei der halben Nennleistungsdrehzahl gemessen, also die Lautstärke bei 6.000 U/min!
Ein Ruf nach Gerechtigkeit und Verständnis
Die Diskussion sollte sich möglicherweise von einer allgemeinen Stigmatisierung der Motorradfahrer hin zu einem konstruktiveren Dialog verschieben, bei dem Lösungen für alle Verkehrsteilnehmer im Vordergrund stehen. Die Herausforderung besteht darin, einen Mittelweg zu finden, der sowohl den Bedürfnissen der Anwohner als auch den Rechten der Motorradfahrer gerecht wird. Es stellt sich die Frage, wie eine Balance zwischen dem Wunsch nach Ruhe und dem Recht auf Mobilität und Freiheit auf den Straßen gefunden werden kann.
Fazit
Die Debatte um Motorradlärm und die vorgeschlagenen Maßnahmen in Holzminden 2024 werfen zahlreiche Fragen und Bedenken auf. Während das Bedürfnis nach Ruhe und Umweltschutz absolut legitim ist, sollte eine Lösung gefunden werden, die nicht diskriminierend ist und nicht eine ganze Gruppe von Verkehrsteilnehmern einschränkt (diskriminiert). Eine ausgewogene, allumfassende Herangehensweise an das Thema Verkehrslärm, die alle Verkehrsteilnehmer miteinbezieht, könnte hier der Schlüssel sein.
Folgende Maßnahmen sind geplant:
(Zum Verständnis: Unter „Lärmpausen“ sind Durchfahrtsverbote für Motorräder gemeint. Diese dürfen während der angegebenen Zeit die Strecke gar nicht befahren)
Eine detaillierte Auflistung der Begrünung und der Maßnahmen findet ihr ganz unten in den PDFs
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Rühle/Golmbach
- Maßnahmen:
- „Lärmpause“ auf der L580 am ersten Wochenende im Monat (Fr.-So., April-Oktober + Feiertage)
- „Tiroler Modell“ „90dB (A)“ L580 zwischen Rühle und Golmbach (Fr.-So., April-Oktober + Feiertage)
- Versetzung der Ortschilder ortsauswärts (Golmbach)
- Beidseitiger „Lärmtrichter“ 300m Tempo 50 ab Ortsschild
- Tempo 30 für Motorräder in Ortsdurchfahrt
- Gezielte Polizeikontrollen und konsequente Bußgelder für „Unnützes Hin- und Herfahren“ auf der L580
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Grünenplan/Delligsen
- Maßnahmen:
- Versetzung des Ortsschilds L589 bis vor Einmündung Otto-Schott-Str.
- Tempo 50 für Motorräder L589 zwischen Grünenplan und Delligsen (Fr.-So. April-Oktober + Feiertage)
- „Lärmpause“ auf der L589 am 3. Wochenende im Monat (Fr. – So., April – Oktober + Feiertage)
- Tiroler Modell „90dB (A)“ Ortsdurchfahrten L589 an den Wochenenden (Mai-Oktober, Fr.-So.+ Feiertage)
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Neuhaus
- Maßnahmen:
- „Lärmpause“ L497 (bis Schönhagen) am zweiten Wochenende im Monat, Fr. – So., April – Oktober + Feiertage
- Tiroler Modell „90dB (A)“ Ortsdurchfahrt L497 an den Wochenenden Mai-Oktober, Fr.-So. + Feiertage
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Lauenförde
- Maßnahmen:
- „Lärmpause“ L550/ B241 (bis Schönhagen) am zweiten Wochenende im Monat, Fr. – So.+ Feiertage, April – Oktober
- Tiroler Modell „90dB (A)“ Ortsdurchfahrten L550 bis Landesgrenze NRW/ B241 bis Landesgrenze NRW und Richtung Schönhagen Fr. – So. + Feiertage, April – Oktober
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Ottenstein/Brevörde
- Maßnahmen:
- „Lärmpause“ L428 an einem der Wochenenden im Monat, Fr.-So + Feiertage, April – Oktober
- Tiroler Modell „90dB (A)“ L428 Fr. – So.+ Feiertage, April – Oktober
- Geschwindigkeitsreduktion auf 30 für Motorräder auf der gesamten Strecke April-Oktober Fr.-So. + Feiertage.