Diese Entwicklung ließ die Gerüchteküche brodeln. War dies ein Rückschritt oder ein strategischer Befreiungsschlag? Nun sorgt eine weitere Nachricht für Diskussionen: MV Agusta verlässt das traditionsreiche „Centro Ricerche Castiglioni“ – jenes Designstudio, das eng mit der Wiedergeburt der Marke unter der Familie Castiglioni verbunden ist.
Von San Marino nach Varese: Neue Wege in der Entwicklung
Das Centro Ricerche Castiglioni, das viele der legendären MV-Designs hervorgebracht hat, wird geschlossen. Stattdessen sollen künftig alle Design- und Entwicklungsarbeiten direkt am Hauptsitz in Varese stattfinden – also dort, wo auch die Produktion beheimatet ist. Laut Unternehmensangaben handelt es sich hierbei um eine strategische Maßnahme: Man wolle die Wege verkürzen, Synergien zwischen Entwicklung und Fertigung stärken und Prozesse effizienter gestalten.
Die emotionale Bindung an das Designzentrum in San Marino ist unbestritten. Viele der markantesten Motorräder der vergangenen zwei Jahrzehnte – darunter die F4, Brutale oder Superveloce – entstanden dort. Der Schritt bedeutet also auch einen gewissen Bruch mit der jüngeren Unternehmensgeschichte.
Positive Geschäftszahlen trotz Umstrukturierung
Doch trotz der strukturellen Änderungen spricht vieles dafür, dass MV Agusta wirtschaftlich gut dasteht. Das Unternehmen selbst betont, dass es 2023 ein erfolgreiches Jahr gewesen sei. Die Verkaufszahlen stiegen laut MV Agusta um satte 116 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Auch der Ersatzteilverkauf legte deutlich zu. In einer offiziellen Stellungnahme hieß es:
„Die finanzielle Situation, die sich kürzlich bei PIERER Mobility AG entwickelt hat, hätte die Marke Schiranna erheblich beeinträchtigen können. Diese strategische Vereinbarung stellt sicher, dass MV Agusta vollständig von KTMs laufender finanzieller Restrukturierung unabhängig bleibt.“
Das Unternehmen sei finanziell stabil und unabhängig, heißt es weiter. Unter der neu formierten Geschäftsführung habe sich MV Agusta in den letzten 18 Monaten neu aufgestellt. Die komplette Wertschöpfungskette – von der Produktentwicklung über Produktion, Vertrieb und Marketing bis zum Kundendienst – verbleibt in Varese.
Blick in die Zukunft: „Motorcycle Art“ bleibt Leitsatz
Trotz des Abschieds vom Designzentrum gibt sich MV Agusta zukunftsorientiert. Der Fokus liegt auf der Entwicklung einer neuen Modellgeneration, die weiterhin auf exklusives Design und innovative Technik setzen soll – ganz im Sinne des Markenmottos „Motorcycle Art“.
Die Verlagerung der Designaktivitäten an den Produktionsstandort wird auch nicht von Stellenabbau begleitet, wie in der Branche gemutmaßt wurde. Vielmehr scheint MV Agusta den Weg der Konsolidierung und Eigenständigkeit zu gehen – abgekoppelt von den finanziellen Problemen der ehemaligen Konzernmutter KTM.
Fazit
Auch wenn der Abschied vom Centro Ricerche Castiglioni ein symbolischer Einschnitt ist, spricht vieles für eine strategisch motivierte Neuordnung. MV Agusta bleibt seinen Wurzeln in Varese treu, zeigt sich finanziell gefestigt und scheint bereit für eine neue Phase der Markenentwicklung. Die Historie bleibt – doch die Zukunft wird nun unter einem neuen, aber vertrauten Dach gestaltet.