Inspiration aus dem Rennsport: Von Chaparral bis McLaren
Die Grundidee, mithilfe von Lüftern den Anpressdruck zu steigern, stammt ursprünglich aus dem Automobilrennsport. Bereits in den 1960er-Jahren setzte der amerikanische Rennsportpionier Jim Hall mit seinen Chaparral-Rennwagen auf bewegliche Aerodynamikelemente. Besonders bekannt wurde der Chaparral 2J von 1970: Zwei von einem Schneemobilmotor angetriebene Lüfter saugten Luft unter dem Fahrzeug ab und erzeugten so ein Vakuum, das das Auto förmlich auf die Strecke presste.
Diese Technologie fand später in der Formel 1 mit dem Brabham BT46B von Gordon Murray ein kurzes, aber spektakuläres Comeback. Obwohl das Auto regelkonform war, zog es sich nach nur einem Sieg vom Wettbewerb zurück, um einer kostspieligen Entwicklungsschlacht aus dem Weg zu gehen. Murray griff das Konzept Jahre später wieder auf – zunächst mit dem BMW-angetriebenen McLaren F1, später mit dem T.50 Hypercar. Letzterer erzeugt mit einem 7000-U/min-Fan bis zu 2200 Pfund (rund 998 kg) Anpressdruck.
Eine noch radikalere Umsetzung zeigt der McMurtry Spéirling: Das vollelektrische 1000-PS-Fahrzeug generiert mithilfe von Ventilatoren sogar im Stand rund 1995 kg (4400 Pfund) Anpressdruck – mehr als das Doppelte seines Eigengewichts. Dadurch kann das Auto angeblich sogar kopfüber an einer Decke haften.
BMWs Konzept: Düsentechnik statt passiver Flügel
BMW geht bei seinen aktuellen Entwicklungen einen eigenen Weg. Anstatt nur auf bewegliche Winglets oder passive Aerodynamikelemente zu setzen, sieht das nun veröffentlichte Patent ein komplexes Düsensystem vor. Eine zentrale Lüftereinheit saugt Luft an, komprimiert sie und leitet sie über ein Netzwerk von Kanälen zu verstellbaren Düsen am Motorradrahmen.
Die Düsen könnten dabei in verschiedene Richtungen zeigen:
- Nach hinten, um die Beschleunigung zu unterstützen.
- Nach vorne, um beim Bremsen zusätzlichen Luftwiderstand zu erzeugen.
- Nach oben, um Anpressdruck zu erzeugen.
- Seitlich, um in Kurven zusätzlichen Schub zu geben.
Umschaltbare Klappen innerhalb des Kanalsystems steuern, wohin die Luft geleitet wird – je nach Fahrsituation. Im Gegensatz zu explosionsartigen Gasgeneratoren, wie sie Bosch 2018 testete, setzt BMW auf kontinuierlichen Luftstrom. Damals hatte Bosch, ein langjähriger BMW-Partner, eine Art „Airbag-Düsenantrieb“ vorgestellt, der bei drohendem Sturz kurzzeitig gegenlenken konnte. Die BMW-Technik hingegen soll kontinuierlich das Fahrverhalten stabilisieren und die Traktionsgrenzen anheben – ohne Einmalkomponenten.
Einsatz in kommenden Supersportlern erwartet
Bereits am 24. Mai 2025 konnte BMW auf dem renommierten Villa d’Este Concours ein Konzeptmotorrad zeigen, das angeblich Elemente dieser Blow-Aero-Technologie enthält – das BMW Concept RR. Denkbar ist aber auch ein Einsatz in künftigen Mittelklasse-Sportlern.
Das System befindet sich offenbar noch in der Test- und Entwicklungsphase, doch BMWs intensive Patentaktivitäten und der enge Schulterschluss mit Zulieferern wie Bosch deuten darauf hin, dass aktive Aerodynamiksysteme bald Realität im Motorradbau sein könnten – nicht nur im High-End-Segment.


