Rettung mit Bedingungen: Bajaj investiert 800 Millionen Euro
Nach der finanziellen Schieflage bei KTM griff Bajaj Auto mit einer Kapitalspritze in Höhe von 800 Millionen Euro (rund 860 Millionen US-Dollar) ein. Die Rettungsaktion ermöglichte nicht nur den Fortbestand der Produktion, sondern auch den Wiederanlauf der Werke ab Ende Juli. Derzeit sind etwa 3.000 Mitarbeiter an den Standorten beschäftigt, im August wurden laut Unternehmensangaben über 10.000 Motorräder gefertigt – darunter neue LC4-Modelle, Motocross-Maschinen und Kleinhubraum-Bikes.
Doch das finanzielle Engagement von Bajaj hat einen Preis: Der indische Konzern strebt eine vollständige Übernahme der Pierer Bajaj an – jenes Joint Venture mit Stefan Pierer, das etwa 75 Prozent der Muttergesellschaft Pierer Mobility kontrolliert. Eine Mehrheitsübernahme würde Bajaj langfristig erheblichen Einfluss auf strategische Entscheidungen sichern.
„Die europäische Produktion ist tot“ – Aussagen mit Signalwirkung
In einem im August ausgestrahlten Interview des indischen Senders CNBC TV18 erklärte Rajiv Bajaj: „Die europäische Produktion ist tot.“ Diese Aussage war zwar allgemein auf die Industrie in Europa bezogen, wurde jedoch im KTM-Umfeld besonders sensibel aufgenommen. Bajaj stellte in demselben Gespräch klar, dass KTM als Premium- und Lifestyle-Marke für seinen Konzern von „unschätzbarem Wert“ sei. Dennoch betonte er die Notwendigkeit, Kosten zu senken und die Marke zu „restaurieren“.
Als Beispiel für eine alternative Produktionsstrategie führte Bajaj den britischen Hersteller Triumph an, der seine komplette Fertigung bereits vor 15 Jahren nach Thailand verlagerte und inzwischen auch in Indien produziert. Die Frage, warum KTM diesen Weg nicht ebenfalls beschreiten sollte, lässt die Sorge einer möglichen Verlagerung im Raum stehen. Zumal Bajaj betont: Die in Indien gefertigten KTM-Modelle erzielten über 30 Prozent operatives Ergebnis (EBITDA).
KTM bemüht sich um Beruhigung – keine Verlagerungspläne
KTM-CEO Gottfried Neumeister reagierte umgehend auf die Aussagen und erklärte, es gebe „derzeit keine Pläne, die Produktion zu verlagern“. Er betonte, dass die Produktion nach Plan laufe und im August das Maximum erreicht worden sei, das im Einschichtbetrieb möglich ist. Das Unternehmen konzentriere sich nun auf die drei Kernmarken KTM, Husqvarna und GasGas. Gleichzeitig habe man sich aus dem Fahrradsegment sowie aus dem Vertrieb der Marke CFMoto zurückgezogen und die Beteiligung an MV Agusta wieder abgestoßen.
Gleichzeitig kündigte Neumeister Einsparungen bei Materialkosten und internen Strukturen an. Auch auf mögliche Lieferverzögerungen bei Zulieferern sei man vorbereitet, betonte der CEO.
Indien als möglicher Zukunftsstandort?
Branchenkenner schließen eine Verlagerung einzelner Produktionslinien mittelfristig nicht aus – schon heute werden verschiedene KTM-Modelle durch Bajaj in Indien gefertigt und weltweit exportiert. Die Aussagen des indischen Partners sind daher nicht völlig aus der Luft gegriffen. Auch wenn eine vollständige Produktionsverlagerung aktuell nicht geplant ist, bleibt der Standort Indien für Bajaj ein starkes Argument: geringere Lohnkosten, ein unternehmensfreundliches Umfeld und hohe Gewinnmargen.
Europa im globalen Wettbewerb unter Druck
Rajiv Bajajs Aussagen werfen auch ein Schlaglicht auf die generelle Lage der Industrie in Europa. Während asiatische Standorte mit niedrigen Produktionskosten und schlanker Regulierung punkten, sieht sich die europäische Industrie mit steigenden Energiepreisen, CO₂-Regulierungen und bürokratischen Hürden konfrontiert. Bajajs Einschätzung mag provokant sein, doch sie reflektiert eine Entwicklung, die viele Unternehmen betrifft – KTM ist dabei möglicherweise nur ein besonders prominentes Beispiel.
Fazit: KTM zwischen Standorttreue und globalem Druck
Trotz der beschwichtigenden Worte aus Mattighofen steht KTM unter zunehmender Beobachtung. Der Sparkurs, der Rückzug aus verschiedenen Geschäftsbereichen und die Äußerungen des Miteigentümers Bajaj deuten auf eine Phase grundlegender Veränderungen hin. Wie weit diese gehen und welche Rolle die europäischen Produktionsstandorte künftig noch spielen werden, bleibt abzuwarten.


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