Mehr Technik in Autos, weniger Sicherheit für Biker?
Während moderne Motorräder – vor allem hochpreisige Modelle – zunehmend mit ADAS-Funktionen ausgestattet werden, sind Pkw in diesem Bereich deutlich weiter. Bereits seit Jahren verfügen viele Fahrzeuge über Systeme zur Front- und Heckkollisionsvermeidung. Dennoch zeigen die Testergebnisse aus dem Jahr 2025, dass diese Technik beim Schutz von Motorradfahrenden noch lange nicht ausgereift ist.
Laut IIHS sterben jährlich über 200 Menschen in den USA bei Unfällen, bei denen Motorräder von hinten von Autos oder Lkw erfasst werden. Schwerverletzte sind dabei nicht einmal eingerechnet – auch wenn diese oft mit lebensverändernden Folgen zu kämpfen haben.
Testbedingungen und Ergebnisse
Getestet wurden 30 Fahrzeuge, überwiegend aus dem Modelljahr 2025, einige aus 2024. Bewertet wurde in vier Kategorien: „Gut“, „Akzeptabel“, „Mangelhaft“ und „Schlecht“.
- 15 Fahrzeuge erhielten die Bewertung Gut.
- 6 Fahrzeuge schnitten mit Akzeptabel ab.
- 1 Fahrzeug – der Ford Expedition (2023–2024) – wurde als Mangelhaft eingestuft.
- 7 Modelle erhielten die schlechteste Bewertung Schlecht.
Auffällig: Auch hochpreisige Fahrzeuge wie der Audi Q7 und Q8 aus dem Jahr 2025 gehören zu den schlecht bewerteten Modellen. Der Preis scheint also keine Garantie für gute Erkennungssysteme zu sein.
Was bedeutet „Gut“ in der Praxis?
Selbst in den am besten bewerteten Fällen blieb die Technik nicht fehlerfrei. Einige Systeme erkannten das Motorrad zwar rechtzeitig, reduzierten die Geschwindigkeit vor dem Aufprall jedoch lediglich – und verhinderten den Zusammenstoß nicht vollständig. Im besten Fall wurde die Geschwindigkeit von 72 km/h (45 mph) auf rund 32 km/h (20 mph) gesenkt. Für die betroffenen Motorradfahrer ist das ein dürftiger Trost.
„Akzeptabel“? Ein fragwürdiger Maßstab
Die als „Akzeptabel“ bewerteten Fahrzeuge konnten Kollisionen mit „Motorradzielen“ in den 69 km/h (43 mph) Szenarien nicht verhindern. In mehreren Fällen erfolgte der Aufprall sogar noch mit über 40 km/h – also mit potenziell lebensgefährlichen Folgen. Die Klassifizierung als akzeptabel wirkt angesichts dieser Zahlen fragwürdig.
Noch gravierender wird es in der Kategorie „Schlecht“: Dort trafen alle Fahrzeuge das „Motorrad-Ziel“ sogar im langsamsten Test mit 50 km/h (31 mph) – ohne nennenswerte Geschwindigkeitsreduktion oder rechtzeitige Warnung.
Technischer Fortschritt darf keine Scheinsicherheit schaffen
ADAS-Systeme sollen Fahrer unterstützen, nicht ersetzen. Doch genau hier liegt eine gefährliche Entwicklung: Wer sich zu sehr auf automatische Bremssysteme verlässt, riskiert, im entscheidenden Moment nicht mehr schnell genug selbst zu reagieren – besonders dann, wenn ein Motorrad im Spiel ist. Die Systeme versagen nämlich genau dort, wo es um Menschenleben geht.
Motorradfahrer sind sich der Risiken meist sehr bewusst und fahren entsprechend vorsichtig. Doch wenn Pkw-Fahrer sich auf Technik verlassen, die in der Realität nicht zuverlässig funktioniert, werden diese Risiken für alle Beteiligten größer.
Fazit: Defensive Fahrweise bleibt oberstes Gebot
Automatische Notbremssysteme bieten grundsätzlich ein großes Potenzial zur Unfallvermeidung – allerdings nur, wenn sie zuverlässig funktionieren. Die aktuellen Testergebnisse zeigen: Für Motorradfahrende ist auch 2025 keine Entwarnung angesagt. Defensive Fahrweise, ständige Aufmerksamkeit und das Bewusstsein für die eigenen „Unsichtbarkeit“ im Straßenverkehr bleiben unverzichtbar.